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Samstag, 24. November 2012
Zinswetten: Steuerzahlerbund begrüßt Anklage gegen Bad Oeynhausens Stadtspitze

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Der »Bund der Steuerzahler« (BDS) begrüßt, dass Anklage gegen Bad Oeynhausens Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann (SPD) und seinen Kämmerer Marco Kindler erhoben worden ist.

Es ist offenbar die bundesweit erste Anklage gegen einen Bürgermeister in Sachen Zinswetten. Wie berichtet, sollen sich Mueller-Zahlmann und Kindler der schweren Untreue strafbar gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft ihnen vor, sie hätten ohne nötige Sachkenntnis mit der West-LB drei extrem risikoreiche Zinswetten vereinbart, die die Stadt viel Geld gekostet hätten.

Doris Meierjohann vom »Bund der Steuerzahler« nannte das Agieren der Stadtspitze »Zocken mit Steuergeld«. Es sei richtig, dass Anklage erhoben worden sei. »Wir haben immer vor Zinswetten gewarnt. Selbst gut ausgebildete Bürgermeister und Kämmerer sind sicher nicht solche Finanzexperten, dass sie Zinsentwicklungen vorhersagen können.« Genau diese Fähigkeit, falls es sie denn überhaupt gibt, wäre aber notwendig gewesen, um das Risiko für die Stadt minimieren zu können. Das zeigt folgendes Beispiel:

Bad Oeynhausen hatte bei einem Geldinstitut einen Kredit von mehreren Millionen Euro aufgenommen und musste 4,9 Prozent Zinsen zahlen. Diese Kreditkosten wollte die Stadt verringern und schloss deshalb mit der West-LB folgenden Vertrag: Die West-LB übernahm die Zinszahlungen von 4,9 Prozent, und die Stadt zahlte im Gegenzug 4,5 Prozent an die West-LB. Unterm Strich hatte Bad Oeynhausen also 0,4 Prozent Zinsen gespart. Allerdings stand der Vertrag unter dem Vorbehalt, dass am 29. Juni und am 31. Dezember die Differenz zwischen dem Zehn-Jahres-Swap-Satz und dem Drei-Monats-Euribor-Zinssatz zwischen 0,15 und 1,25 Prozent liegt. Bei einem größeren Unterschied dieser beiden Referenzzinssätze konnte der von der Stadt zu zahlende Zins bis auf Null sinken. Lag die Differenz allerdings unter 0,15 Prozent, musste die Stadt draufzahlen. Was sie in diesem Fall an die West-LB zu zahlen hatte, richtete sich nach einer Formel, auf die sich Bank und Kommune vertraglich verständigt hatten (siehe Illustration oben). Staatsanwalt Dr. André Meier: »Damit das Risiko der Stadt nicht ganz in den Himmel schoss, war eine Obergrenze von 13 Prozent festgelegt worden.«

Doris Meierjohann: »Darauf zu hoffen, dass Zinssätze an einem bestimmten Tag einen bestimmten Wert haben, ist Zockerei. Bei so einer Wette gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer. Und wenn die Bank mein Wettgegner ist, kann ich nicht erwarten, dass sie mich in meinem Interesse berät.«

So sieht das auch die Staatsanwaltschaft Bielefeld. Ihren Ermittlungen zufolge waren Bürgermeister und Kämmerer zunächst bei zwei anderen Geldinstituten mit ihrem Ansinnen auf Zinswetten abgeblitzt. Dr. Meier: »Diese Institute lehnten das Geschäft ab, weil sie einen Interessenkonflikt darin sahen, die Stadt zu beraten und gleichzeitig gegen sie zu wetten.«

Die Anklageschrift liegt jetzt bei der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bielefeld. Sie wird 2013 entscheiden, ob sie die Anklage zulässt und ein Prozess stattfindet.

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 24.11.2012